Die von allen Beteiligten mit Spannung erwartete erste Fotoreise ins nördliche Dänemark wurde endlich mit dem Start in Hamburg und der Fahrt nach Hirtshals Realität. Auf Teilnehmer*innenseite: Was erwartet uns? Welche Motive werden wir in dieser vermeintlich flachen Landschaft entdecken und wie lassen sich diese auf den Sensor bannen? Auf Referentenseite: Wie wird sich all das, was mir als bisher langjähriger Tourist dieses wunderschönen Landstriches bekannt und vertraut ist, jetzt im Rahmen einer Fotoreise umsetzen lassen? Werden die Teilnehmer*innen meine Begeisterung für diese Gegend vergleichbar empfinden und zufrieden mit vielen gelungenen Bildern nach Hause fahren?
Hirtshals – Tannis- und Jammerbucht
Nach einer stressfreien Autofahrt nordwärts starteten wir am nächsten Morgen mit einer Einführung in die Reise. Gleich zu Beginn lernten alle das sich schnell wechselnde Wetter kennen. Zur Frühstückszeit noch regnerisch, zeigte sich zum Ende der Einführung wie vom Wetterbericht angekündigt die Sonne mit besten Fotobedingungen. Nach einer ersten Erkundungstour durch den Fischerei- und Fährhafen von Hirtshals und einer wohlverdienten Pause machten wir uns auf den kurzen Weg ostwärts nach Tversted an der Tannisbucht. Unsere erste Wanderung führte uns durch die Tversted Klitplantage zur letzten Stockmühle Dänemarks. Von dort ging’s weiter durch die Dünen auf den breiten Sandstrand der Tannisbucht, wo wir zwar mit heftigem Wind kämpfen mussten, aber auch mit schönen Motiven belohnt wurden. Pause im Cafe Fisk, dann 4 km im Auto und schon hatten wir den Spot zum Sonnenuntergang erreicht. Dort, an der Einmündung der Uggerby Au in die Nordsee, fanden sich zahlreiche Motive für die „erdgebundene“ Fotografie, aber auch für unsere Drohnen-Piloten*innen. Herausfordernd waren gerade für Langzeitbelichtungen der Wind sowie der manchmal nachgebende Sandboden.
Die Prognose für den Tag zwei verhieß ebenfalls gute Fotobedingungen. Also konnten wir die geplanten Ziele unproblematisch angehen. Bis zum Mittag standen der Leuchtturm von Hirtshals mit dem Bunkermuseum auf dem Programm – eine Hinterlassenschaft des Naziwahnsinns. 6000 Bunker entlang der dänischen Küsten sind ein Teil von Hitlers Atlantikwall, der sich im Süden von der Grenze zwischen Spanien und Frankreich bis zum Nordkap im Norden erstreckte. Das Bunkermuseum Hirtshals ist Dänemarks einzige vollständig ausgegrabene deutsche Verteidigungsanlage, die dem Publikum zugänglich gemacht wurde. Das Museum besteht aus 54 ausgegrabenen Bunkern sowie aus vielen Kanonen-, Mörser- und Maschinengewehrstellungen.
Den restlichen Tag verbrachten wir an der Steilküste der Jammerbucht zwischen Lønstrup und Nr. Lyngby. Es ist schon beeindruckend mit welcher Kraft die Natur die Landschaft ständig verändert. Die aus dem 13. Jahrhundert stammende Mårup Kirke baute man 2008 ab, da der Abstand zur Abbruchkante zu dem Zeitpunkt statt der ursprünglich etwa 1000m nur noch neun betrug. Jetzt sind noch Reste des Friedhofs vorhanden, der im Lauf der nächsten Jahre vollständig verschwunden sein wird. Dieses Schicksal sollte das nahegelegene Rubjerg Knude Fyr nicht erleiden. Dieser Leuchtturm erlangte Berühmtheit, weil Sandverwehungen – er steht auf einer der größten Wanderdünen Europas – drohten, ihn die Klippe hinunterzustürzen zu lassen. Zur Rettung des Kolosses bewegte man ihn in einer technischen Meisterleistung am 23. Oktober 2019 auf Schienen 70m Richtung Binnenland (Film auf YouTube verfügbar), wo er unversehrt eine neue „Heimat“ für die nächsten 20 – 40 Jahre fand. Bei herrlicher Lichtstimmung war es uns vergönnt, diesen besonderen Ort fotografisch zu erkunden.
Am Transfertag nach Skagen kam der angekündigte Regen, so dass wir die Zeit vor dem Auschecken in Hirtshals für die erste Bildbesprechung nutzten. Wir konnten viele sehr gute Ergebnisse der ersten beiden Tage betrachten, bevor es mit einem Zwischenstopp im kleinen Städtchen Sæby Richtung Skagen ging.
Skagen – Zwischen Skagerrak und Kattegat
Der erste Tag in Skagen zeigte sich so wie vorhergesagt: Erst bewölkt, dann immer schöner mit viel Sonnenschein, alles gepaart mit heftigem Wind. Also auf ging’s an die Spitze von Jütland, nach Grenen. Die kurze Wanderung vom Parkplatz bis ganz nach vorne an die Spitze bot viele spannende Strandmotive mit den verschiedensten Sandstrukturen am Kattegat. Vorne an der Spitze angekommen konnten wir das Spiel der geläufig verlaufenden Wellen festhalten (an dem Tag aufgrund der sehr bewegten See besonders eindrucksvoll) und bekamen als Bonus noch die Möglichkeit der Tierfotografie mit drei sich dort ausruhenden jungen Seehunden.
Anschließend machten wir uns auf zur Erkundung von Skagen. Das besondere Flair dieser Stadt wird durch die gelb angestrichenen Häuser mit der roten weiß umrandeten Dacheindeckung betont. Zu dieser „hyggeligen“ Atmosphäre passte dann eine Pause im Café beim Skagen Museum (das älteste Haus in Skagen).
Zum Abschluss des Tages statteten wir noch Gammel Skagen, gelegen auf der Skagerrakseite, einen Besuch ab. Bei goldenem Abendlich leuchteten die angestrahlten Häuser und die kleinen im Boden eingelassenen Granitplatten an dem vor nicht allzu langer Zeit gebauten Sonnenuntergangsplatz besonders intensiv. Der Wind blies heftig, und man musste das Fotoequipment gut vor dem fliegenden Sand und den salzigen Gischttropfen schützen, doch es war sehr lohnenswert (Wenn man sich auf den Weg macht, wird man immer belohnt!).
In der ersten Hälfte des nächsten Tages fuhren wir zuerst zur Sankt Laurentii Kirke – Den Tilsandede Kirke, von der nur noch die Turmspitze zu sehen ist, alle anderen Gebäudeteile liegen unter dem Sand begraben, nachdem der dänische König 1795 beschlossen hatte, den Kampf gegen die Sandverwehungen aufzugeben. Noch ein kurzer Abstecher zum Skagen Vippefyret am Oststrand, ein altes Leuchtfeuer und gleichzeitig Wahrzeichen von Skagen, welches vor Jahren durch den kleinen weißen Leuchtturm ersetzt wurde. Zum Abend stand noch ein Highlight auf der To-Do-Liste. Nach kurzer Autofahrt erreichten wir die Råbjerg Mile, eine unter Naturschutz stehende Wanderdüne mit gewaltiger Ausdehnung, die sich jedes Jahr 10 – 15 Meter Richtung Osten schiebt. Wir fanden tolle Bedingungen vor: Flach einfallendes warmes Abendlicht, welches die Sandstrukturen besonders gut zur Geltung brachte. Wir konnten uns auf der Düne nicht satt sehen an den wunderbaren Formen, die der stetige Wind in den Sand gezaubert hatte. Und ein I-Tüpfelchen: Wir waren so gut wie alleine unterwegs.
Der letzte Tag bescherte uns Regen bis zum späteren Nachmittag, so dass wir die Zeit für Bildbearbeitung und eine zweite Bildbesprechung nutzen konnten.
So ging eine erlebnisreiche Woche zu Ende – geprägt durch kurze Fahrtstrecken im Umkreis von 20 km um unsere Standorte. Abwechslungsreiche Motive mit Hafenleben, Architektur und viel Landschaft, die wir während der leichten Wanderungen in schöner Natur mit einer Prise würziger Nordseeluft erkundet haben. Dazu noch das besondere Skagenlicht, welches schon früher viele Maler und Künstler anzog. Für viele unserer Gruppe war es überraschend, was dieser flächenmäßig überschaubare Landstrich im nördlichen Jütland zu bieten hat. All das spiegelt sich in den sehr vielen guten Bildergebnissen wider. Das erzeugt schon eine große Vorfreude auf die zweite Dänemarkreise im Oktober 2024.