Samstag: Ankommen – Kennenlernen
Deutschlands größte und, wie viele sagen, schönste Insel empfängt uns mit einem bunten Mix an schnell wechselndem Spätsommerwetter. Wir treffen uns zum Kennenlernen im Seminarraum des Touristik-Büros Lohme. Während wir uns miteinander bekanntmachen und ich die Teilnehmer*innen über die bevorstehende, gemeinsame Woche informiere und Orientierung über Rügen, die Besonderheiten und Schönheit der Insel gebe, wechselt das Wetter draußen von herrlichstem Sonnenschein über Regenschauer mit Gewittergrollen und wieder zurück. Wir ahnen schon, dass uns das Wetter gehörig beschäftigen wird, unsere Ausflüge über die Insel anzupassen.
Als erstes besprechen wir aus gegeben Anlass unseren Umgang mit den Corona-Regeln außerhalb des Hotels: Auf Wunsch der Teilnehmer werden wir bei unseren Treffen im Seminarraum viel lüften und bei den Fahrten im Bus Masken tragen.
In lockerer Runde stellen wir fest, dass alle Teilnehmenden bereits viel Erfahrung im Umgang mit Kamera und Bildbearbeitung haben und jeder/jede einen eigenen, interessanten Zugang zur Fotografie mitbringt. Ich bin sehr gespannt, wie die Teilnehmer*innen die Insel Rügen fotografisch erleben und umsetzen werden. Es ist für fast alle der erste Besuch auf Rügen. Beim gemeinsamen Abendessen in unserem Hotel diskutieren wir angeregt die Wetteraussichten, tauschen Erfahrungen mit entsprechenden Apps aus und lernen uns noch ein bisschen besser kennen.
Sonntag: Lohme – Sassnitz – Semper – Binz
Der Tag beginnt nach einem gemeinsamen Frühstück mit einer kurzen fotografischen Einleitung in unserem Seminarraum und einem regen Austausch rund um das Thema „bewusstes Fotografieren“. Wie sehr unsere Fotografie von Erwartungen und Erfahrungen, äußeren Einflüssen und der eigenen Stimmung beeinflusst wird und wie sehr unsere Fähigkeit, Motive zu erkennen und Bildideen angemessen umzusetzen von Gewohnheiten aber auch unserem Interesse an Neuem abhängt, werden wir in den kommenden Tagen, jeder/jede für sich immer wieder feststellen.
Im Anschluss starten wir mit den Kameras den ersten Rundgang vom Hotel aus zum Strand von Lohme und über den kleinen Hafen zurück. So vergeht der Vormittag im Flug und mit ordentlich Appetit machen wir uns auf den Weg nach Sassnitz, verspeisen am Hafen die ersten Fischbrötchen der Woche direkt vom Kutter, um dann den Hafen mit all seinen Perspektiven und Details zu erkunden.
Auf dem anschließenden Weg nach Binz machen wir Halt im „Hexenwald“ von Semper, wo die Weitwinkelobjektive zum Einsatz kommen. Unter der dichten Laubkuppel der scheinbar tanzenden Buchen ist es räumlich beengt für 8 Fotografen und so heißt es Zusammenrücken und Rücksicht nehmen.
Unsere abendliche Fototour durch Binz beginnen wir mit Räucherfisch direkt am Fischerstrand und überbrücken so einen kurzen Regenschauer. Auf dem Weg über den Strand zur Seebrücke reißt der Himmel wieder auf und belohnt ums mit einem schönen Sonnenuntergang. Wir schließen den Tag mit einem kurzen Absacker an einer der urigen Strandbars ab. Ziemlich erschöpft kommen wir gegen 22 Uhr im Hotel an und fallen in die Betten für eine kurze Nacht, denn um 4:15 wollen wir zum Sonnenaufgang ins Seebad Sellin fahren.
Montag: Sellin – Putbus – Blieschow
Da der Wetterbericht für Sellin recht optimistisch ist, starten wir trotz starkem Regen und tatsächlich werden wir von einer schönen, friedlichen Morgenstimmung an der beleuchteten Seebrücke von Sellin empfangen. Nach einer Weile der Dämmerung schaltet sich die Beleuchtung der Seebrücke aus, aber dafür geht die Sonne ganz malerisch und fast für uns allein auf und setzt den Strand und die Seebrücke in ein zauberhaftes Spiel aus Licht und Schatten.
Trotz der frühen Stunde finden wir einen offenen Bäcker, wärmen uns mit heißem Kaffee und teilen einige Croissants, denn wir sind inzwischen einige Stunden unterwegs. Auf der Rückfahrt zum Hotel machen wir einen kurzen Abstecher zum verschlafenen Hafen von Baabe. Dort liegt das Wasser des kleinen Stroms, der den Selliner See mit der Ostsee verbindet, leider nicht wie sonst üblich glatt und still vor uns. Aber als kleiner Ausgleich flattern die Fahnen der Fischerboote lustig im Wind und auch sonst gibt es einige Dinge zu entdecken und einzufangen.
Der ständig präsente Wetterbericht lässt für den restlichen Montag erst zum späten Nachmittag wieder Fotografenwetter erkennen. Also nutzen wir den Vormittag zum Schlafnachholen und kümmern uns um die ersten Bilder.
Am Nachmittag starten wir in Richtung Putbus. Die Besichtigung der „weißen Stadt“ mit ihrem architektonisch und städtebaulich wunderbaren “Zirkus“ – einer kreisförmigen Anordnung von herrschaftlichen Patriziervillen, fällt leider sprichwörtlich ins Wasser. Starker Regen lässt uns auf der überdachten Veranda des herrlich antiquierten Rosencaffees im Schlosspark verweilen. Wir verbringen eine ganze Zeit bei Kaffee, Eis und Torte und schauen abwechselnd ins Grüne und auf die Wetter-Apps.
Auf der Rückfahrt machen wir einen Abstecher nach Blieschow zu einer malerischen Kastanienallee mit derbem Kopfsteinpflaster, die aufgrund ihrer Lage kaum von Autos befahren wird und so in Ruhe fotografiert werden kann. Hier stört der leichte Regen nicht – ganz im Gegenteil – er sorgt für schönen Glanz auf den historischen Pflastersteinen und zwischendurch schickt sogar die Sonne einige kurze Strahlen durch das Laub der Alleebäume.
Dienstag: Putgarten – Kap Arkona – Vitt – Dranske
Wir starten direkt nach dem Frühstück Richtung Kap Arkona und beginnen dort unsere Wanderung in dem kleinen Örtchen Putgarten, dass sich ziemlich dem Tourismus hingegeben hat. Was auf den ersten Blick völlig überlaufen und fotografisch eher wenig attraktiv erscheint, bietet bei genauem Blick dennoch viele kleine, schöne Motive.
Weiter geht’s über die weiten, leicht hügeligen Felder, die ruhig in der Sonne liegen zu den Leuchttürmen und dann weiter zum kleinen Fischerdörfchen Vitt, wo wir im urigen Lokal „Zum goldenen Anker“ erst lecker Fisch zu Mittag essen und dann noch die Kreidefelsen von Kap Arkona im Nachmittagslicht vom Strand aus fotografieren. Hier helfen Stative und Graufilter, um die ruhige Stimmung zu verstärken und es gelingen wunderschöne, individuelle Bilder einer ansonsten durchaus „populären“ Location.
Da wir das sonnige Wetter voll ausnutzen wollen fahren wir zum Sonnenuntergang noch an den Strand von Dranske mit Blick auf Hiddensee und arbeiten auch dort mit Stativ und Graufiltern, um das Wasser um die grafischen Buhnenreihen herum zu glätten. Nach einer ganzen Weile mit schönen Lichtstimmungen trübt sich das Wetter ein und die Mücken machen uns den Abschied vom Strand leicht.
Zum Abend sind wir in Lohme zurück. Ein Teil der Gruppe genießt die ruhige Stimmung und den Ausblick auf der Terrasse unseres Hotels bei einem Glas Wein, der andere Teil speist lecker im Restaurant „Daheim“ und hat einen sehr geselligen und lustigen Abend.
Mittwoch: Viktoriasicht – Bildbesprechung – Binz
Der Tag beginnt mit leichtem Regen aber wir setzen auf eine vorhergesagte kleine Regen- und Wolkenpause zum Sonnenaufgang und starten früh um 5 Uhr im Dunkeln zur Viktoriasicht im Nationalpark Jasmund. Da wir eine Einfahr- und Parkgenehmigung von der Nationalpark Verwaltung haben, können wir ruhigen Gewissens bis auf wenige Meter an die Location heranfahren und schaffen die letzten Meter mühelos mit Stirnlampen durch den noch dunklen Buchenwald.
Sowohl der über 100m hohe Kreidefelsen des Königstuhls als auch der Buchenwald sind beeindruckende Motive. Es regnet nicht, der Himmel zeigt zarte Zeichnung und Färbung aber die Sonne hat es schwer, ihre Strahlen durch die Wolken am Horizont auf die Szenerie zu schicken.
Nach dem Frühstück nehmen wir uns Zeit für eine ausgiebige Bildbearbeitung und während es draußen immer wieder regnet, treffen wir uns am Nachmittag in unserem Seminarraum zu unserer Bildbesprechung. In aller Ruhe lassen wir unsere Aufnahmen auf uns wirken, spenden Lob, zollen Anerkennung, sind überrascht von den verschiedenen Standpunkten, Perspektiven und gefundenen Details. Wir schauen aber auch kritisch auf die Dinge, die es noch zu verbessern gilt.
Getreu dem Motto: „Feedback ist ein Geschenk, das man nicht annehmen muss“ soll die Bildbesprechung helfen, den eigenen Blick zu erweitern, Anregungen und neue Denkanstöße zu erhalten. Ich jedenfalls bin begeistert, mit welchem aufmerksamen, sorgfältigen Blick die Teilnehmer*innen die Insel wahrnehmen und die verschiedenen Locations und Situationen fotografisch umsetzen.
Direkt nach der Bildbesprechung starten wir zum Abend mit ganz leichtem Gepäck nochmal nach Binz, um uns dort ins Getümmel des belebten Städtchens zu stürzen. Ohne Fotorucksack und ohne Stativ – nur mit einer Kamera und einem Objektiv im Street-Fotografie-Brennweitenbereich ausgerüstet, suchen wir nach stimmungsvollen Motiven. Wir nehmen die Pfützen vom Regen des Tags, Spiegelungen und Lichter des Abends in die Bildgestaltung auf. Ein Abendessen im Freien unter großen Schirmen rundet den Besuch in Binz ab. Gegen 22 Uhr sind wir wieder im Hotel.
Donnerstag: Serams – Thiessow – Klein Zicker – Middelhagen – Sellin
Wir werden den Tag ganz im Süden der Insel verbringen und fahren am frühen Mittag los. Um Punkt 12 Uhr stellen wir den Bus am Ortsrand von Serams ab und laufen über eine regennasse Wiese, um einen schönen Blick auf die Gleise des „Rasenden Rolands“ – der historischen Schmalspur-Dampfbahn, die zwischen Göhren und Putbus verkehrt, zu finden.
Innerhalb der nächsten Stunde kommt an diesem Ort zuerst ein Zug aus der einen und dann nach einer kurzen Pause aus der anderen Richtung, so dass wir einen Probelauf haben, ihn schön und mit vollem Dampf ins Bild zu setzen. Keine ganz einfache Aufgabe. Der „Rasende Roland“ ist nicht wirklich schnell unterwegs. Er kündigt sich zwar von weit her an, wie er schnaufend seine Bahn durch die Landschaft zieht, aber wenn er dann da ist, geht doch alles ziemlich schnell und zack ist er an uns vorbei.
Weiter geht’s nach Thiessow, wo wir an einem unscheinbaren Verkaufsstand die mit Abstand besten Matjesbrötchen der Welt verspeisen, um dann den Strand und die Hügel vom kleinen Zicker zu erkunden. Auf dem Wasser sind die Kite-Surfer vor einem dramatischen Himmel unterwegs und von den Hügeln bieten sich schöne Aussichten über See und Land. Das Wetter spielt uns immer wieder kleine Regenstreiche und am Ende flüchten wir uns unter die Regenschirme des „Imbiss am Strand“, sitzen noch eine Weile beim Kaffee zusammen und brechen dann in Richtung Sellin auf.
In Middelhagen legen wir einen kurzen Fotostopp an der alten, malerischen Backstein-Dorfkirche ein und fahren im Anschluss weiter nach Sellin, wo wir, direkt am Strand mit Blick aufs Wasser und begleitet vom Rauschen der See, in der “kleinen Melodie“ zu Abend essen. Zum Abschluss des Tages suchen wir die Seebrücke noch einmal auf, um sie in der blauen Stunde zu fotografieren und fahren dann zurück nach Lohme.
Freitag: Prora – Diashow
Zum Abschluss unserer Fotoausflüge über die Insel fahren wir am Vormittag nach Prora und besichtigen das alte KdF-Bad – bzw. das, was davon übrig ist und das, was grade neu daraus entsteht. Ein beeindruckendes und einmaliges Bauwerk, das einfach zu Rügen dazugehört. Ich hoffe, dass ich meine Begeisterung für diesen Ort den Teilnehmer*innen vermitteln kann. Leider ist das Licht nicht optimal. Die Sonne macht sich rar und etwas mehr von ihr würde helfen, die Architektur mit Licht und Schatten zu fotografieren.
Nach einem letzten Fischbrötchen im Hafen von Sassnitz bearbeiten wir am Nachmittag unsere Bilder und wählen die 10 schönsten Fotos für die abschließende Diashow aus. Das ist immer wieder für alle ein mehr oder weniger „herausfordernder“ Prozess, wenn man die Qual der Wahl hat. Aber die bewusste Auswahl der eigenen Aufnahmen aus der Menge der Möglichkeiten zu treffen, gehört einfach dazu.
Im Seminarraum treffen wir uns zur Abschlussrunde und stellen fest: Rügen ist schön. Rügen ist fotogen. Rügen ist sogar sehr schön und auch eine weitere Reise wert. Wir haben eine intensive Woche voller Anregungen und Herausforderungen in kameradschaftlicher Stimmung erlebt, neues kennengelernt, neue Fotobegeisterte kennengelernt.
Die Diashow zeigt die ganze Bandbreite der Insel und der individuellen Sichten. Mir geht das Herz auf. Wunderschön.
Samstag: Frühstück – Abschied – Abreise
Ein letztes gemeinsames Frühstück und dann heißt es Abschied nehmen bis zum nächsten Mal. Glücklich und mit etwas Wehmut machen sich alle auf den Weg.