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Fotoreise "La Palma" vom 04.-11.04.2018

Maria ist nicht mehr da. Die alte Dame – hoch in den Achtzigern – entdeckte mich all die Jahre zuvor, wenn ich bremsenden Schrittes die steile Gasse gen Meer hinabging. Sie verschwand in ihrem kleinen Laden, der sich zur Gasse hin hinter zwei großen, offenen Türen zeigte, und bereitete mir einen Kaffee. Wenn ich den kleinen Raum erreicht hatte, stand das duftende Gebräu bereits auf dem alten, zerschlissenen Holztisch, an dem ich dann all die Jahre Platz nahm. Das Ritual starb mit Maria vor zwei Jahren. Die Erinnerungen an unsere alljährlichen Begegnung werden sicher immer in mir weiterleben; denn sie sind ein Teil, der mit meinen Besuchen in dem kleinen Dorf am Hang zum weiten Meer eng verbunden sind.

 
El Tablado zählt heute nur noch um die dreißig Bewohner. Einst waren es über zweihundert. Doch der Ort ist nur über enge, steile Serpentinen erreichbar und die kleinen Gärten lassen sich nur mit viel harter Arbeit bewirtschaften. Ich kenne kaum einen Ort mit einer so exklusiven Lage und einem so faszinierenden Blick auf das unendliche Meer wie El Tablado. Wahrscheinlich wird sich das Dorf irgendwann ganz zur ewigen Ruhe begeben, vielleicht aber auch wird ein schlauer Investor kommen und die Traumlage mit exorbitanten Quadratmeterpreisen den Reichen und Superreichen schmackhaft machen.
 
Freier Blick für Fotografen
 
El Tablodo ist im kleinen was La Palma im großen ist: ein wenig verschlafen, unaufgeregt und allem Neuen gegenüber skeptisch. Das macht den Charme dieser Insel im Atlantik aus. Keine Hochhäuser, nur wenige Hotels, keine Schickeria. Den einen ist die Insel deshalb zu langweilig, andere lieben sie gerade wegen ihres unbeirrbaren Müßiggangs.
 
Für uns Fotografen ist La Palma eine wahre Freude. Überall freier Blick, dem sich keine Touristenscharen in den Weg stellen, saubere, klare Luft und spannende Landschaftsformen. Ist der Süden der Insel geprägt von markanten Vulkankegeln, breitet sich im Norden ein dichter Wald aus, den man bis zur Baumgrenze auf über 2000 Metern durchfahren kann, bevor man sein Auto fast 500 Meter höher auf dem Gipfel des Los Muchachos abstellt. 
 
Der Blick von hier oben ist atemberaubend. Wie aus einem überlaufenden Milchtopf ergießen sich die Wolken über die darunter liegenden Höhen. Zum Greifen nah erscheinen die Nachbarinseln Gomera und Teneriffa, wo der höchsten Berg Spaniens, der Teide, mit 3718 Metern in den Himmel ragt.
 
In der Mitte der Insel an der Ost- und Westflanke liegen die größten Ort der Insel, die Hauptstadt Santa Cruz und Lol Llanos. Verbunden werden die Mini-„Metropolen“ durch zwei Tunnel und eine Passstraße. Auch hier und den im Westen angrenzenden Dörfern Tazacorte und El Paso geht es gemächlich zu. Nirgendwo wird gedrängelt, der Verkehrs fließt ruhig und gleichmäßig dahin. Und was besonders auffällt: Kaum jemand starrt im Dauer-Glotz-Madus auf sein Smartphone,- so er denn überhaupt eines besitzt. Ob Einheimische oder Zugereiste, niemand ist hastigen Schrittes unterwegs.
 
Wunderbare Natur und saubere Luft
 
Ja, so hat La Palma seine Besonderheiten. Entschleunigung, wunderbare Natur und seidenweiche, saubere Luft sind die wahren Werte dieses Eilandes. Motive finden wir in diesem Umfeld und dieser Atmosphäre überall. Ob Landschafts-, Street-, Architektur- oder Reportage-Fotografie, von allem wird etwas geboten.
 
So auch am Sonntagvormittag auf dem bunten Markt in Los Llanos, in dem vor allem selbstgemachter Schmuck aus Lavagestein, Gürtel und Taschen aus Leder und Kleidung (neu und Second Hand) angeboten werden, die an Kalifornien der Hippiezeit erinnert. Das wundert nicht; denn die meisten der Händler sind augenscheinlich „Blumenkinder“ zwischen 8 und 80, die meist auf dem Boden oder leichten Campingstühlen sitzend ihre eigenproduzierten Waren anbieten.
 
Welche Kraft der umgebende Atlantik entwickeln kann, zeigt er uns in dem Natur-Schwimmbad in Charcot Azul. Schwere Brecher schlagen gegen die Mauer, die einen Meter über dem Wasserspiegel das Schwimmbecken schützen. Zwei unserer Gruppe verschwinden für einige Sekunden unter den Wassermassen, wenn wieder eine der Riesenwellen sich an der Abgrenzung bricht. Die anderen halten die prickelnden Situationen mit schnellen Verschlusszeiten im Bild fest.
 
Wie im Urwald
 
Nach der Action lichten wir im Weltbiosphärenreservat Los Tilos Farne und die Blätter der Lorbeerbäume ab. In dem Naturpark verdunkeln die dicht aneinander stehenden Bäume und Sträucher die Szenerie. Die prägnanten Formen der Blätter sind willkommene Vorlagen für ausdrucksstarke Grafiken. Man fühlt sich in dem kräftigen Grün, der Stille und Feuchtigkeit wie in einem kleinen Urwald.
 
Den Abend lassen wir ausklingen in der Hauptstadt Santa Cruz bei einem guten Essen und Available-Light-Fotografie.
 
Besuche der Dörfer San Andres, Fuencaliente, Tazacorte und ein Abendessen in El Remo unmittelbar am Atlantik runden unser Woche auf der wunderschönen Insel ab.
 
Wie bei jeder Fotoreise kam die Bildbearbeitung und -besprechung nicht zu kurz, bei der es Ratschläge für die weitere individuelle fotografische Entwicklung der Teilnehmer gibt.
 
Ich freue mich schon heute auf die nächste Reise nach La Palma und das verwunschene Bergdörfchen El Tablado. Auch nach Marias Abschied bekam ich diesmal einen Kaffee in dem kleinen Laden an der steilen Gasse. Serviert wurde er diesmal von Claire, einer jungen Holländerin, die den Betrieb übernommen hat. Ich erzählte ihr vom Ritual der vergangenen Jahre, und Claires Augen schienen zu verraten, dass sie mir künftig auch schon einen Kaffee bereiten wird, wenn ich die Gasse herunterschlendern werde…