An den historischen Bauwerken Venedigs nagt der Zahn der Zeit. Ins Wasser gebaut auf unzähligen Pfählen verlieren sie Substanz und Standsicherheit.
Zunehmend nagt in der Stadt aber auch der Zahn der Gier. Die Preise für Übernachtungen in Hotels gehen „durch die Decke“. Sie schnellen noch zügiger nach oben als die Preise in den Restaurants, Locandas und Pizzerias.
Die Preisexplosion hält den Besucherstrom jedoch nicht auf. Die Einmaligkeit dieser historischen Stätte ist ungebrochen ein Magnet. Und die stete Nachfrage lässt die Preise weiter in schwindelerregende Höhen wachsen.
Für Fotografen ein Erlebnis
Für Fotografen ist Venedig nach wie vor ein einmaliges Erlebnis. Davon konnten wir uns erneut bei unserer inzwischen 22. Fotoreise in die Lagunenstadt überzeugen. Nirgendwo sonst bietet sich Architekten und Künstlern das Ensemble aus Licht, Wasser, Spiegelungen und stolzer Baukunst ein derartiges visuelles Erlebnis.
Und so machten wir trotz der genannten Rahmenbedingungen das einzig richtige: Wir konzentrierten uns auf die Fotografie, umgingen aufgrund unserer langjährigen Erfahrung Menschenansammlungen und steuerten bei der Nahrungssuche den einen und anderen Geheimtip an Locandas an, die noch einigermaßen ein Gleichgewicht bieten an – überwiegend köstlichen – Speisen und Getränken und geforderten Preisen.
Zu Beginn der Reise durchkämmten wir unsere Lieblingsinsel Dorsoduro, die sich vor allem durch einheimische Lebendigkeit erfreut. So wurden wir auch Zeugen freudiger Umzüge von jubelnden Studenten die alkoholbeschwingt mit lautstarkem „Dotore-Dotore“-Brüllgesang den Abschluss ihres Studium feierten.
Zu Fuß und per Vaporetto
Wie bei unseren Venedig-Fotoreisen üblichen, besuchten wir täglich eine andere Region der auf vielen Inseln gebauten Stadt. Dabei waren wir zu Fuß unterwegs oder mit den emsigen Vaporettos, diesen robusten „Wasserbussen“, die den Besucher bis in den letzten Winkel der weitläufigen Stadt bringen.
Um die seltene Ruhe und des ansonsten umschwärmten Markusplatz zu genießen und fotografisch zu gestalten, machten wir uns schon eine Stunde vor Sonnenaufgang auf den Weg zum zentralen Ort der Stadt. Dort war dann Einfallsreichtum und Flexibilität gefragt, weil der Platz belegt war mit hunderten Stühlen zur Abschlussfeier ebenjener ausstudierten Venezianer.
Nun galt es, aus der Not eine Tugend zu machen und das dargebotene Szenario in die fotografische Darstellung einzubauen. Denn wie gesagt: Motiv ist alles. Und Flexibilität ist ein hohes Gut.
Davon ungeachtet boten die dümpelnden Gondeln am Rande des Platzes bei Sonnenaufgang anziehende Motive, die in unterschiedlicher Herangehensweise fotografische gestaltet wurden.
Fotografisch keine Grenzen
Venedig ist nicht nur wegen seiner Einmaligkeit der Architektur und Bauweise im Wasser eine Seltenheit. Auch fotografisch bieten sich besondere Darstellungsformen. Ob nun die klassische Farbfotografie, die prägnante Schwarz-Weiß-Darstellung oder die experimentelle Lichtbidnerei, in Venedig sind keine Grenzen gesetzt.
Besonders die „Impressionistische Fotografie“, die für uns hier vor inzwischen zehn Jahren ihren Anfang nahm, erfreut sich in der Stadt vielfältiger Möglichkeiten. Licht, Formen und Farben lassen sich besonders hier mit den entsprechenden Techniken zu großartigen Bildern gestalten. Oft zu Beginn belächelt wegen angeblicher „Unschärfe“ und Verwackelungen, zieht sie fast jeden in ihren Bann nach den schon ersten Versuchen.
Dass Venedig nicht nur aus pompösen Palästen, ehreinflößenden Kirchen und Tempeln besteht, zeigt sich bei dem Besuch der Stadtteile Ghetto und Giudecca, in die einst Juden abgeschoben und eingepfercht wurden. Hier herrscht die zweckmäßige und schlichte Bauweise vor, die nicht nach Schönheit strebt, sondern nach Zweckmäßigkeit.
Bunte Häuser, schiefer Turm
Wieder ganz anders zeigt sich die kleine Fischerinsel Burano, die eineinhalb Stunden „Seefahrt“ entfernt in der Lagune ruht. Bunte Häuser überall, eng an den schmalen Kanälen, überragt von einem Turm, der kurz vor dem Umfallen scheint wie jener in Pisa.
In Giardini nahe der berühmten Bienalle zeugt sich ein noch anderes Gesicht. Nicht Prunkbauten zeigen sich hier, sondern ruhige kleine Parks mit immergrünen Bäumen.
Bei unserer abschließenden Bilderschau zeugt sich einmal mehr die Vielfalt der Darstellung der selben Motive. Venedig bleibt einmalig und wird für kreative Zeitgenossen immer mit seinen Werten glänzen.
Der Preis, sich an der Stadt zu erfreuen, wird hoch bleiben.- Es sei denn man kennst sich aus in den verwinkelten Gassen und Orten, an denen vor allem die Einheimischen wissen, wie man der Gier aus dem Weg geht.