Ja, Makro-Fotografie macht Freude. Aber auch Arbeit. Das stellten die Teilnehmer unseres Makroworkshops fest nach rund sieben Stunden im „Arboretum“. In dieser 17 Hektar großen Anlage in Ellerhoop, einer Mischung aus Bauerngarten und gärtnerisch gestaltetem Park, finden sich so viele Motive der Makro-Fotografie, dass man tagelang durch dieses wunderbare Gelände schlendern könnte.
Die theoretische Einweisung in das Thema Makro-Fotografie in unserem schönen Workshop-Raum im idyllisch am Glückstädter Binnenhafen gelegen „Brückenhaus“ hatte Appetit gemacht auf den folgenden Besuch des Arboretum.
Man kann es wohl als aktive Entspannung bezeichnen, die man bei der Pirsch nach den Minimotiven erlebt. Wobei „aktiv“ ein wenig verwundern mag, wenn man sich in einem so wunderbaren Umfeld bewegt und das tut, was man mit am liebsten tut: Fotografieren.
Körper und Geist extrem gefordert
Doch kaum bei einer anderen Art der Fotografie werden Körper und Geist so extrem gefordert wie bei der Suche und Gestaltung kleinster Blüten, Blätter, Käfer, Fliegen, Raupen und allerlei anderer Miniaturformen, die mit bloßen Augen oft kaum zu erkennen sind. Konzentration und körperliche Belastung durch „gymnastischen“ Körpereinsatz zehren mental und muskulär am ganzen Fotografen. Die verschiedenen „Verrenkungen“ geschuldeten Atemnöte tun ihr übrigens.
Hinzu kommt die ziemlich rasche Einsicht, dass mehr und höhere Hürden liegen vor dem Wunsch, mit wenig Aufwand große Werke zu schaffen. Ganz im Gegenteil; denn die Makro-Fotografie hat ihre eigenen Gesetze. Es gilt herauszufinden, wie man Blende, Zeit und ISO-Wert einsetzt, um brauchbare oder gar optimale Ergebnisse zu erzielen.
Auch bei Makro gilt die Grundregel: Gestalte ich mein Bild über die Blende, die Zeit oder die „Filmempfindlichkeit“? Und: Wie soll mein Bild aussehen? Wie soll es als fertiges, gedrucktes Produkt fein gerahmt an der Wand hängen?
Geringe Schärfentiefe
Ähnlich wie bei der Portrait-Fotografie ist es ein probates und eindrucksvolles Stilmittel, den Hauptbereich des Motives durch Schärfe frei zu stellen vor umgebener Unschärfe. Dazu ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Bereich der Schärfentiefe wesentlich geringer ist als bei einer Aufnahme mit einem Tele- oder gar Normalbrennweiten-Objektiv. Hinzu kommt die Größe des Sensors, die sich ebenfalls auf die Schärfentiefe auswirkt.
Da bei Verkleinerung der Blendenöffnung die Zeit verlangsamt werden muss, besteht wiederum die Gefahr der Unschärfe durch Bewegung des Motive. So ganz nebenbei bemerkt man dann auch, dass die theoretische Vorstellung, im Einsatz eines Statives eine markante Unterstützung zu erfahren, in der Praxis bei vielen Situationen versagt. Zum Beispiel, wenn der Wind eine Blüte vor der Kamera tänzeln lässt.
Stativ oder Freihand
Und was nützt ein sorgsam in Stellung gebrachte Kamera auf dem Stativ, wenn ein paar Zentimeter entfernt auf einer anderen Blüte plötzlich ein wunderbares Insekt landet. Bis der Stativumbau bewältigt ist, sind die Fliege oder der Käfer längst wieder im Flugmodus.
Nur gut, wenn man mit einer Kamera mit einem rauscharmen Sensor und hohem Dynamikumfang bestückt ist. So lässt sich dann nämlich bei kleiner Blendenöffnung und schneller Zeit mit einem hohem ISO-Wert Ausgleich schaffen zur richtige Belichtung.
Entsprechend unbefriedigend fallen die ersten Versuche aus, diese bunte, zauberhafte Blüten- und Formenwelt eindrucksvoll fotografisch zu gestalten. Geduld war also angesagt neben der Konzentration und Ausdauer. Merkmale, die einen guten Fotografen ohnehin ausmachen. Bei Makro aber werden diese Eigenschaften extrem und gnadenlos gefordert.
Voller Einsatz gefordert
Nach dem Motto „Aufgeben gibt’s nicht“ freundeten sich die Teilnehmer Schritt für Schritt dieser faszinierenden und gleichsam anspruchsvollen Art der Fotografie an. Und so lösten sich die Gesichtszüge und wuchs die Hoffnung auf bildhaften Erfolg schon bis zur „Halbzeit“ bei einem ordentlichen Stück Kuchen und Kaffe im urigen Dielen-Café.
Dass in den folgenden Stunden doch mancherlei Gutes zustande kam, sahen wir am Folgetag bei der Bildbearbeitung und Bildbesprechung. Da wurde doch so manches Werk entdeckt, das man so eigentlich nicht mehr erwartet hatte. Nicht allein im Makrobereich, sondern auch eindrucksvolle Nahaufnahmen sorgten für Zufriedenheit oder gar Begeisterung.
Am Ende stand die Einsicht, dass man Makrofotografie nicht so nebenbei beknipsen kann, sondern tatsächlich vollen Einsatz geben muss, um in die Welt der kleinen Wunder einzutauchen und mit guten Eindrücken zurückzukehren an die Größenverhältnisse des Alltags.