Es ist immer wieder interessant, wie sich der Ausdruck der Gesichter innerhalb von zwei Tagen ändert bei diesem Workshop. Zu Beginn zeigen sich viele Fragezeichen und eine Portion Skepsis im Antlitz der Teilnehmer, wenn sie ihre ersten Schritte machen in eine ganz andere Form der Fotografie.
Impressionismus in der Fotografie? Wie geht das denn? Ich dachte immer, gute Fotografie geht einher mit Schärfe, perfektem Bildaufbau und gezielter Bildinformation! Und nun das….
Ja, es ist schon Neuland, sich auf das Spiel mit dem Licht und der Kamera einzulassen. Aber ein Bedenken kann man allen Eleven nehmen: Man verlernt die Fotografie dabei nicht oder begibt sich auf unsolide Abwege. Ganz im Gegenteil: Der Versuch, sich auf ein neues Feld zu begeben, verstärkt das Gespür dafür, mit Licht zu malen. Und das in besonders intensiver Form. Es geht nicht dadrum nachzumachen, was schon zigmal von anderen in gleicher Form abgelichtet wurde. Nein, das Experiment steht im Vordergrund. Individuelles Gestalten und Experimentieren ohne Zwänge und Gesetze.
Das Geheimnis lüften
Die Faszination ist groß. Man hat Bilder gesehen mit dem impressionistischen Flair. Da ist etwas, was einem im innersten berührt und kann nicht deuten, was es ist. Und dies will man nun herausfinden und wissen, wie man das Geheimnis lüftet. Einige sprechen es aus, andere denken es: Ich will auch. Wie kann ich ähnliche Bilder machen, wie sie mir jetzt in der Präsentation gezeigt und schmackhaft gemacht werden?
Nun, – um eine oft zitierte Weisheit ein wenig zu verdrehen -: Allem Anfang wohnt ein Zaudern inne. Wie stelle ich meine Kamera ein? Wie manipuliere ich über mein Objektiv? Wie gestalte und verwandle ich über die Bildbearbeitung meinen „Rohling“ zu einem, meinem ganz besonderen Werk?
Fallen lassen im emotionalen Raum
Das Rezept bieten die Präsentation und die vorgegeben Daten, wie die einzelnen Bilder entstanden sind. Praktiziert wird dann im Freien (einer der wesentlichen Schritte in der Malerei zur Impressionistischen Darstellung). Jetzt heißt es erst einmal Sicherheit gewinnen und die Vorstellungskraft „einzuschalten“. Und vor allem: sich fallen lassen im emotionalen Raum. Spielen, Probieren, bereit sein, auch Fehler und „Unsinn“ zu produzieren. Genau das tun, was ansonsten in unserem geregelten und von Vorschriften getunten Leben verlangt und erwartet wird. Die Freiheit der Kunst genießen.
Der handwerkliche Teil kann vermittelt werden. Emotionen, Intuition, Interpretation und Kreativität werden in jedem Einzelnen mit Leben erfüllt. Ganz nach dem Motto: Wo die Sprache aufhört, fängt die Kunst an…
Das ist das Geheimnis der Impressionistischen Fotografie – wie allen impressionistischen Bereichen der Kunst -: der Wechsel von der Logik zur Emotion, von der Sachlichkeit zum Spiel und von eingeengt zu grenzenlos.
Keine Schablone
Schon bei den ersten Versuchen im zauberhaften Lindenhof fangen Armen, Beine und vor allem der Kopf an zu entspannen. Auch jetzt sind Blende, Zeit und ISO-Wert die technische Grundlage, um richtig zu belichten. Doch es gibt keine Schablone für das gewünschte, ausdrucksstarke Bild. Und auf die Frage „Und wie mache ich das jetzt“ kommt von den Referenten die Antwort: „Mach einfach `mal“. Dazwischen gibt es kleine fachliche Tipps und Anregungen für Geist und Seele, die dann auch gern ein wenig in Schwingung kommen. Für die Referenten gilt: Locker bleiben, keinen Druck ausüben und den Spieltrieb steigern.
Nach Fotografieren am ersten Tag ohne Stativ, aber mit Filtern geht es am Tag 2 weiter mit Stativ ohne Filter. Die technischen Daten einmal umschalten, und dann geht’s weiter auf der Spielwiese.
Freudige Überraschungen
Am Ende des Workshops widmen wir uns der Bildbearbeitung in unserem idyllischen Raum in der Zürcher Altstadt. Und da gibt es so manche Überraschung über das eigene Wirken. Da ist tatsächlich einiges eingefangen und dargestellt, wie man es sich gewünscht und erhofft hat. Nicht alles gelingt wie geplant, anderes aber verführt zu freudigem Geräusch und einem Hauch Glückseligkeit über das eine oder andere Bild, das sogar besser gelungen ist als erwartet.
Bei der abschließenden Bildbetrachtung ist Freude, Genugtuung und die Erkenntnis im Raum, dass vieles gelingen kann, wenn es nicht gelingen muss.
Und am Ende heißt es doch: Allem Anfang wohnt ein Zauber inne…