Galway und Connemara
Aus dem Norden Irlands zurück in Dublin geht’s gleich Richtung Westen. Nach einem ersten Kennenlernen und dem Abendessen, starten wir mit einer Einführungspräsentation, um am nächsten Morgen noch vor der Weiterfahrt gen Westen genügend Zeit für die notwendige Theorievermittlung (Kameraeinstellungen, Grundlagen der Fotografie und Bildkomposition) zu haben. Dann einmal quer über die grüne Insel zum ersten Stopp ins quirlig-junge Galway. Trotz Montag ist die Stadt voll und bietet mit den vielen Straßenmusikern und dem typisch irischen Erscheinungsbild die vielfältigsten Motive. Gleich eine gute Gelegenheit die vermittelten Kenntnisse bei der Streetfotografie umzusetzen.
Nach getaner „Arbeit“ geht’s Richtung Clifden – dem Hauptort von Connemara. Kurz vor Clifden machen wir noch einen Fotostopp am Derryclare Lough – eines der am häufigsten fotografieren Motive in dieser Gegend Irlands mit dem Einstieg in die Landschaftsfotografie.
In unserem gemütlichen Hotel „Alcock & Brown“ werden wir irisch typisch freundlich empfangen – passend zu einem irischen Sprichwort: „Ein Fremder ist ein Freund, dem man zuvor noch nicht begegnet ist.“
Zur Fotografie gehört nicht nur die richtige Umsetzung einer Bildidee, sondern auch Planung. Und die ist für eines unserer Fotoziele ganz wesentlich. Dieser Tag wird in besonderer Form durch den Takt der Natur bestimmt. Will man nämlich die Gezeiteninsel Omey Island besuchen, muss man sich zwangsläufig auf diesen Rhythmus einstellen. Über den Meeresboden geht das zu Fuss oder mit dem Auto nur einige Stunden vor und nach Niedrigwasser.
Omey Island ist klein, nur von wenigen Menschen bewohnt, aber fotografisch sehr lohnenswert. Wir finden einen Küstenstreifen mit den vielfältigsten Steinstrukturen und Formen, die es nun gilt, ins Bild zu setzen. Davon gibt’s reichlich, so dass man trotz eines zeitlich langen Fotostopps eine nur verhältnismäßig kleine Inselfläche fotografisch bearbeiten kann. Aber wie immer in der Fotografie: Weniger ist mehr!
Rechtzeitig vor der Flut dann zurück ans Festland, Kaffeepause und kurz um die „nächste Ecke“ zu einem Küstenabschnitt bei Claddaghduff, wo die Farbe des Wassers mit wunderschönen blau türkis Tönen an einen Südseestrand erinnert. Auch hier gab es reichlich Gelegenheit wie schon auf Omey Island u.a. Langzeitbelichtungen als ein Stilmittel einzusetzen.
Als nächstes Ziel stand Kylemore Abbey als eindrucksvolles Gebäude – eingebunden in eine schöne Landschaft und mit einem sehenswerten Garten – auf dem Programm.
Doch das war’s noch nicht. Nach dem Abendessen wollte wir noch den Sonnenuntergang von einem Aussichtspunkt an der Sky Road (ist ein Teilstück des „Wild Atlantic Way“) mit dem Blick auf den Atlantik und die vorgelagerten Inseln fotografieren und genießen. Ein schöner Abschluss eines langen intensiven Tages.
Immer das Wetter im Blick (der übernächste Tag verspricht verspricht mit dem reichlich gemeldeten Regen ein Bildbearbeitungs- und -besprechungstag zu werden) erkunden wir am Dienstag die Umgebung von Clifden. Der 1. Fotostopp unserer heutigen Rundtour ist ein Küstenabschnitt bei Ballyconneely. Dort finden wir mit Flechten bewachsene und mit gelbem Tang bedeckte Felsen, die nur bei Niedrigwasser gut sichtbar sind. Und wie immer muss man sich in die Landschaft hineinbewegen, das Motiv „umrunden“, um die richtige Perspektive zur Umsetzung der eigenen Bildidee zu finden.
Ein Regenschauer vertreibt uns etwas landeinwärts an den Owenwee River bei Ballynahinch – ein schöner Fluss in der typischen Landschaft Connemaras.
Das nächste Ziel ist der kleine Fischerort Roundstone, in Connemara ein touristisch beliebter Ort und Zentrum der Hummerfischer. Hier bietet der kleine Hafen vielfältige Motive mit Fischerboote und auf der Mole verteilten hafen- und fischereitypischen Materialien. Eine gute Gelegenheit sich bei den Motiven von der „Totalen“ über die „Halbtotale“ bis zum „Detail“ vorzuarbeiten.
Der weitere Weg führte uns über die „Bog Road“ – eine schmale Straße durch das für Connemara so typische Hochmoor mit unzähligen Seen. Es waren garnicht so viele Fotostopps möglich wie sich Motive boten, z.B. die vom Wind geformten Bäume mit dem an diesem Nachmittag fantastischen Wolkenhimmel.
Der Wetterbericht für den nächsten Tag hält zumindest bis zum Mittag das, was er uns verspricht, nämlich Regen (Zeit für die „2. kreativen Ebene“ – der Bildbearbeitung mit anschließender Bildbesprechung). Doch für Irland typisch ist der Regen schneller durchgezogen als gedacht, so dass wir flexibel (wie man als Fotograf sein sollte) die Bildbesprechung auf den Abend verschieben und uns auf eine von unserem Hotelier empfohlene neue Wanderung begeben durch das Derrigimlagh Bog begeben, einem Ort mit historischer Bedeutung. Zum einen hat dort der italienische Radiopionier und spätere Nobelpreisträger Guglielmo Marconi 1907 das erste transatlantische Funksignal übertragen. Zum anderen stürzten dort 1919 die beiden Piloten Alcock und Brown nach der ersten Non-Stop Atlantiküberquerung (sicher) im Moor ab. Auf dieser 5 km langen Wanderung durch diese einmalige Moorlandschaft kann man sehr viel über diese Ereignisse anhand von Schautafeln und Gebäuderesten erfahren.
Bei der abendlichen Bildbesprechung war es wie immer spannend zu sehen, wie unterschiedlich Motive fotografisch umgesetzt werden und vermeintlich nicht gelungene Bilder durch die Bearbeitung zu kleinen Schätzen werden können.
Unterwegs in den Burren
Auf der Weiterfahrt zu unserem neuen Hotel in Spanish Point bestand in Oughterard die Gelegenheit, einen alten Friedhof mit den gerade freigelegten Resten einer verfallenen Kirche zu fotografieren. Auf dem weiteren Weg halten wir in Kinvara mit Dunguaire Castle, einem alten Schloss, welches noch heute für Veranstaltungen genutzt wird. Weiter geht’s auf dem „Wild Atlantic Way“ mit dem eindrucksvollen Teilstück entlang der Steilküste von Black Head bis Craggycorradane. Hier macht der „Wild Atlantic Way“ seinem Namen wirklich Ehre. Steil abfallende Kliffs mit einer tosenden Brandung – und das alles garniert mit der Karstlandschaft des Nationalpark Burren. Es ist grandios zu erleben, welche Gewalt die Natur entwickeln kann und welche formbildenden Kräfte es gibt. Durch den einsetzende Regen hatten wir uns schon fast entschlossen weiterzufahren, doch das Bleiben wurde, als es trockener wurde, mit eindrucksvollen Bildern belohnt. Hier konnte man sich fotografisch „richtig ausleben“ – das noch feuchte graue Karstgestein mit dem bleigrauen Himmel darüber, eine tolle Lichtstimmung mit den grafische Strukturen und der Möglichkeit, mit Langzeitbelichtungen zu gestalten.
Der letzte Fototag dieser Reise hielt noch einmal buntes Sortiment irischer Fotomotive für uns bereit. Unseren 1. Fotostopp machten wir beim Leamaneh Castle, einem Schloss mit einem fünfstöckigen Turm aus dem Jahre 1430 und einem in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts entstandenen vierstöckigen Herrenhaus im Tudorstil.
Direkt hinter der „nächsten Ecke“ befindet sich ein weiteres typisch irisches Motiv – die verfallene Kirche Carran Church. Anschließend erreichten wir den Poulnabrone Dolmen – das „Loch der Sorgen“ – umgeben von unzähligen diese Landschaft so prägenden Karstplatten und Steinwällen.
Nach der Mittagspause in Ballyvaughan ging’s erneut Richtung Atlantikküste bei Black Head mit einer eindrucksvollen zum Wasser hin abfallenden riesigen Karstfläche. Da wir am Tag zuvor beim Burren Walk Parking Spot regenbedingt abbrechen mussten, gab’s jetzt noch einmal die Gelegenheit, die verpassten Motive nachzuholen. Der Wind und die Gischt der gewaltige Wellen erschwerten das Fotografieren schon sehr, zumal Salzwasser und Kamera eine schlechte Kombination sind, doch als Lohn gab es dennoch eindrucksvolle Bilder.
Vor unserem Abschluss bei den stellenweise 200 Meter hohen Cliffs of Moher gab’s noch eine Stärkung in einem typischen irischen Pub. Es war kaum noch Platz für uns, es war brechend voll. Der Grund wurde und schnell klar, denn es lief gerade das Semifinale im Hurling (eine in Irland außerordentlich beliebten Sportart) zwischen dem County Clare (dort befanden wir uns gerade) und Galway. Anfangs war es interessant zu beobachten wie die Gäste und das Personal mit ihrer Mannschaft mitfieberten, nachdem wir die Spielregeln verstanden hatten, konnten wir uns dem sehr spannenden Spiel nicht mehr entziehen (Ausgang: Nach Verlängerung Unentschieden und Replay in 14 Tagen).
Der vom Wetterbericht gemeldete Sonnenschein mit der dann zu erwartenden roten Felswand der Cliffs of Moher wurde uns dann leider verwehrt, dennoch ist der Anblick immer wieder beeindruckend.
Eine motiv- und erlebnisreiche Reise ging damit zu Ende, doch die Vielfalt der entstandenen Fotos konnte dann noch einmal in einer Bildershow betrachtet werden – immer wieder ein schöner Abschluss.